Berichte

Passah-Mahl-Feier im Augustinusheim

Foto: Stephan Kreuz

Am Mittwoch, 13. April 2022, waren alle Gemeindemitglieder eingeladen, nach dem Ritus des jüdischen Passah-Festes miteinander Mahl zu halten.

An dieser so schön gedeckten Tafel gingen die Teilnehmer mit den traditionellen Riten dieses bedeutsamen jüdischen Festes der Frage nach, was diese Feier so besonders macht und was sie für unser Glaubensverständnis heute bedeutet.

An Pessach feiern Juden die Freiheit und gedenken der Leidensgeschichte ihres Volkes. Rituelles Essen, Erzählungen und Gesang erinnern daran, wie die Israeliten der Tora zufolge  aus Ägypten flohen und der Sklaverei entgingen. Auch an den Bund mit Gott und eine entsprechende Heilserwartung wird erinnert, die bei den Christ:innen in Form von Jesus in Erfüllung gegangen ist.

Dabei bringen die Feiernden den ganzen Abend über mit vier verschiedenen Fragen in Erinnerung, was, beim ersten Passah-Mahl geschah. Diese vier Fragen werden vom jüngsten Kind an der Tafel am Anfang gestellt. Die Antworten werden den ganzen Abend über mit biblischen Texten, Diskussion und symbolischen Speisen erzählt:

1: In allen andern Nächten essen wir Gesäuertes und Ungesäuertes - in dieser Nacht nur Ungesäuertes?

  • Die Kinder Israels mussten einst mitten in der Nacht ganz plötzlich fliehen. Daher blieb ihnen keine Zeit, ihr Brot fertig zu backen. So nahmen sie es noch ungesäuert mit auf die Flucht. Diese halbfertigen Brote heißen Mazzen. Sie erinnern Juden während der ganzen Pessachzeit an die Flucht aus Ägypten. Mazzen sind damit auch ein Symbol für Selbstlosigkeit und Bescheidenheit

2: In allen andern Nächten essen wir alle Arten von Kräutern - in dieser Nacht nur Bitterkraut?

  • Der bittere Geschmack der Kräuter erinnert daran, wie bitter und schwer das Leben für die Israeliten in der Sklaverei in Ägypten war.

3: In allen andern Nächten müssen wir nicht eintunken, auch nicht ein einziges Mal - in dieser Nacht zwei Mal?

  • Das Salzwasser erinnert an die vielen Tränen der Angst und Verzweiflung, die die Kinder Israels als Sklaven vergossen haben. Außerdem wird in Fruchtmus eingetaucht, das an den Lehm für die Ziegel erinnert und die Sklavenarbeit der Kinder Israel.

4: In allen andern Nächten essen wir sitzend oder angelehnt - in dieser Nacht alle angelehnt?

  • Am Passah-Fest trinken Juden vier Becher Wein. Dabei lehnen sie sich mit der linken Seite an eine Sessellehne oder eine andere Stütze an. Dieses Ritual ist ein Zeichen der Freiheit. Es erinnert daran, dass Gott die Israeliten aus Ägypten herausgeführt und sie "mit starker Hand und ausgestrecktem Arm" zu freien Menschen gemacht hat. Dieser Brauch stammt schon aus der Antike. Damals lagen freie Menschen bei den Mahlzeiten auf gepolsterten Liegen. Sie aßen und tranken also in einer sehr bequemen und entspannten Haltung. Sklaven mussten dagegen stets abrufbereit sein. Sie durften nur sitzen.

Foto: Stephan Kreuz